Frühhort erhitzt viele Gemüter

Stadt will erst um 7 Uhr öffnen - Kein Kommentar von Michelmann

von Dennis Lotzmann

Aschersleben/MZ. Die Kinderbetreuung in Aschersleben: ein Dauerbrenner. Nach monatelanger Debatte um die Betreuungskosten sorgen nun Pläne zum Frühhort für massive Kritik von Elternvertretern. Grund: Die Kommune will die Hort-Öffnungszeit vor dem Schulbeginn von bislang 6 Uhr zum Jahreswechsel auf 7 Uhr korrigieren. Nach MZ-Informationen soll den Grundschülern so das ungesund frühe Aufstehen erspart werden. Zudem wird argumentiert, dass es berufstätigen Eltern zumutbar sei, mit den Arbeitgebern andere Arbeitszeiten auszuhandeln. Nachdem die Räte zweier Ausschüsse bereits mehrheitlich dem Verwaltungsvorschlag folgten, soll nächsten Mittwoch der Stadtrat abschließend entscheiden. Doch nun läuft der Stadtelternrat mit einem offenen Brief Sturm gegen die Pläne von OB Andreas Michelmann (Widab). Die MZ versuchte seit Freitag mehrfach, Michelmann für eine Stellungnahme zu erreichen - am Dienstag teilte sein Sprecher Andreas Schmith mit, dass Michelmann keine Zeit für ein Gespräch habe.

Die Eltern machen ihre Kritik daran fest, erst ab 7 Uhr die Horte zu öffnen. Die Stadträte indes scheinen Michelmanns Auffassung bislang überwiegend zu folgen. Sowohl im Kultur-, Bildungs- und Sozialausschuss als auch im Verwaltungsausschuss gab es klare Zustimmung zu den Plänen. Auch Dietrich Lührs (CDU) ist dafür, denn "es ist ganz, ganz schlecht für die Kinder, wenn sie so früh raus müssen". Zudem glaubt Lührs, dass das jetzige Angebot, die Grundschüler vor Schulbeginn im Hort betreuen zu lassen, von vielen Eltern ausgenutzt werde.

Karlheinz Schmidt (SPD) erinnert daran, dass es Großbetriebe wie in der DDR nicht mehr gebe. Diesem Wechsel müsse die Kommune Rechnung tragen. Rundrum zufrieden ist Schmidt, dem es "in erster Linie um die Kinder geht", dennoch nicht: Genaue Zahlen, wie viele Knirpse die städtischen Frühhorte zwischen 6 und 7 Uhr tatsächlich besuchen, habe die Stadt bisher nicht geliefert. "Die Verwaltung hat uns im Regen stehen lassen", murrt Schmidt. Dennoch kein Grund für ihn, die Vorlage abzuweisen oder den Beschluss zu vertagen - basierend auf allgemeinen Verwaltungsangaben habe er im Sozialausschuss mit Ja votiert.

Ähnlich sein Parteifreund Heinz Schmidt, Vorsitzender des Verwaltungsausschusses. Auch er räumt ein, wenig Kontakte mit Eltern zu haben und von deren Kritik bislang nichts vernommen zu haben. Konkrete Betreuungszahlen? "Bis jetzt liegen mir diese Zahlen nicht vor", so Schmidt, der sich an die Argumente der Verwaltung erinnert: Die Änderung sei den Eltern zumutbar, habe es geheißen. Doch Schmidt macht auch klar: Noch sei Zeit, um über alles zu reden.

Aber wie viele Kinder werden überhaupt im Frühhort betreut? Stadtsprecher Schmith lieferte am späten Dienstagabend die aktuellen Zahlen: Zwischen 6 und 6.30 Uhr würden etwa 24 Kinder betreut, danach steige die Zahl stadtweit bis 7 Uhr auf 94 Hortkinder.

Doch wie halten es andere Kommunen im Land mit dem Frühhort? Sowohl in Bitterfeld als auch in Wolfen öffnen die Horte morgens ab 6 Uhr ihre Türen, weil es ja Eltern gebe, die aufgrund ihrer Arbeitszeit darauf angewiesen seien, so die beiden Sprecherinnen übereinstimmend. Auch in Frose öffnet der Frühhort von 6 bis 7.30 Uhr. Und wie steht es mit der Verhandlungsbereitschaft der Arbeitgeber, auf die offenbar die Stadt setzt? Vielleicht sei bei einer Bürokraft eine Verschiebung möglich, in der Produktion mit Schichtbetrieb wäre das aber gänzlich undenkbar, so Uwe Fleischmann, Personalchef der Schiess AG. Grundsätzlich darauf zu bauen, hält Fleischmann daher für "unmöglich". Deshalb habe die PDS eine eigene Vorlage eingebracht, in der das Zeitfenster von 6 bis 18 Uhr für die Hortbetreuung fixiert werde, so Stadträtin Christine Klimt. Das sei als Angebot zu verstehen, wenn seitens der Eltern Bedarf bestehe. Allerdings sei die Vorlage in beiden Ausschüssen abgelehnt worden.

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